Beatsteaks im Interview: Über Band-Krise und 30 Jahre Jubiläum | NOZ (2024)

Ein Dienstagmittag im Juni. Die Beatsteaks haben ihr neuntes Album mit dem Namen “Please” schon längst aufgenommen – veröffentlicht wurde es aber erst am 28. Juni. Die Wochen zuvor waren eng getaktet für die fünf Punkrocker aus Berlin, denn vor dem Verkaufsstart des Albums tourten sie durch Ostdeutschland. An diesem Dienstag im Spätfrühling haben sie einen Interview-Marathon – von einem Termin geht es in den nächsten. Man könnte meinen, die Beatsteaks könnten gestresst sein. Doch davon sind sie weit entfernt. Das könnte zum einen daran liegen, dass die Band bereits eine gemeinsame Therapie hinter sich hat– oder an der strahlenden Sonne vor dem Studio.

Punkrocker aus Berlin haben 2025 30-jähriges Jubiläum

Zum Interview mit unserer Redaktion sitzen die Gitarristen Peter Baumann und Bernd Kurtzke sowie Bassist Torsten Scholz vor ihrem Laptop-Bildschirm zusammen. Sänger Arnim Teutoburg-Weiß und Schlagzeuger Thomas Götz fehlen. Im Hintergrund ist eine bunte Dschungel-Tapete zu sehen. Die drei Musiker scherzen und sind sichtlich gut gelaunt. Jeder wird direkt geduzt.

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Vita

Die Beatsteaks sind eine der erfolgreichsten deutschen Punkrock-Bands. Gegründet wurde die Band 1995 in Berlin. Zur aktuellen Besetzung gehören die beiden Gründungsmitglieder Bernd Kurtzke und Peter Baumann sowie Thomas Götz, Torsten Scholz und Frontsänger Armin Teutoburg-Weiß.”Please” ist bereits das neunte Album der Punkrocker. Neben der Musik unterstützen die Beatsteaks auf ihren Konzerten Kampagnen der Wasserinitiative “Viva con Agua” oder der Meeresschutzorganisation “Sea Sheperd”. Außerdem rufen sie regelmäßig ihre Fans zur Teilnahme an Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für soziale Gerechtigkeit auf.

Euer neues Album heißt „Please“. Was ist die letzte Sache, um die ihr gebeten habt?

Torsten: Ich habe meine Tochter letztens gebeten, das Katzenklo sauber zu machen und die Futternäpfchen aufzufüllen – weil es ihre Katze ist und ich das nicht immer machen will. Mit Augenrollen und Stöhnen hat sie es dann widerwillig gemacht.

Bernd: Ich habe letztes Wochenende meine Freundin gefragt, ob ich mal ausschlafen darf. Das kommt nicht oft vor.

Peter: Ich war neulich im Burgerladen und wurde gefragt, ob ich Pommes dazu haben möchte? Da habe ich „Ja, bitte“ gesagt.

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Ihr seid eine der erfolgreichsten deutschen Punkrock Bands. Von welchem Musiker oder welcher Band habt ihr am meisten gelernt in euren Anfängen?

Peter: Toy Dolls, Tote Hosen und die Ärzte.

Torsten: Das klingt jetzt etwas blöd – aber bei mir war es Peter Baumann von den Beatsteaks. (lacht) Ich war die ersten fünf Jahre nicht in der Band und in dieser Zeit war ich ein tierischer Fan. Dabei war ich selber ein unfassbar schlechter Gitarrist. Peter hat mir vieles gezeigt, deswegen habe ich von ihm am meisten gelernt.

Bernd: Bei mir war es alter englischer Punk, weil der so schön einfach war. Da muss man nicht groß nachdenken.

Neues Album: Nicht nur Corona kam in die Quere

Kommen wir zu eurem neuen Album. Euer letztes Album ist 2017 rausgekommen, also vor sieben Jahren. Das ist jetzt schon ziemlich lange her. Warum hat das so lange gedauert?

Bernd: Da kamen viele Sachen zusammen. Ich zähle mal auf: Wir haben 2018 nach sehr ausgedehnten Touren gesagt, wir brauchen mal eine Pause. Wir wollten mal ein Jahr lang nichts machen. Dann war es 2019, plötzlich hatten wir es 2020 mit Covid zu tun. Zwei Jahre lang wusste keiner so richtig, wo es hingeht. Dann waren schon waren drei Jahre um. Und dann hat es auch bei uns im Kopf wahrscheinlich ein bisschen gedauert. Da sind wir schon bei vier Jahren. Dann haben wir uns mal wieder damit beschäftigt, wie wir weitermachen wollen und haben Konzerte gespielt. Und dann haben wir ein Jahr lang die Platte gemacht.

Torsten: Also eigentlich alles folgerichtig und logisch. Wir haben zwischendurch auch eine EP gemacht – wir waren ja nicht untätig.

Die Beatsteaks haben mit „Please“ ihr neuntes Album veröffentlicht. Foto: Timmy Hargesheimer

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„Please“ wurde ja nicht wie gewohnt im Studio, sondern im Columbia-Theater in Berlin aufgenommen. Wie kam es zu der Idee und wie hat sich das für euch angefühlt?

Bernd: Neben dem Columbia Theater waren es auch der Schallraum in Köpenick und unser Proberaum. Und Olaf Opal, unser Produzent, hat von vornherein gesagt: „Wir gehen nicht in ein Studio. Ich möchte, dass der Raum groß ist, groß klingt.“ Er wollte mit Raum und Hall arbeiten können. Mit diesen Voraussetzungen sind wir auf die Suche gegangen. Das Columbia-Theater hat sich einfach angeboten, weil es frei war und nichts gekostet hat. Außerdem kannten wir den Schallraum schon und wussten, dass der gut klingt.

Warum ist „Kommando Sunshine“ nicht auf der Platte? Der Song war ja quasi der erste, der nach längerer Funkstille wieder rauskam.

Bernd: Gute Frage. Wir haben ihn einfach veröffentlicht und dann war der schon draußen, bevor wir mit der Platte gestartet sind. Für die Platte hatten wir am Ende, glaube ich, schon über 20 Ideen. Da mussten wir uns sehr auf Sachen, die wir machen wollen, fokussieren.

Torsten: Man kann es auch von der langweiligen Business-Seite begründen. Wir bringen ja das Album „Please“ auf unserem eigenen Label “Beatrec” raus. Der Song „Kommando Sunshine“ kommt über ein anderes Label raus. Das wäre also alles etwas komplizierter geworden.

Bernd: Außerdem streamen die meisten Leute heutzutage sowieso. Da ist es egal, ob ein Song auf dem Album ist oder nicht.

Sie stehen zu ihren ersten Songs – würden sie aber heute anders machen

Gibt es Songs von euch, die ihr selbst nicht mehr hören könnt, die euch peinlich sind?

Bernd: Jeder fängt ja mal an, Musik zu machen. So wie wir die Songs damals gemacht haben, würden wir sie jetzt natürlich nicht mehr machen. Als wir angefangen haben, waren unsere ersten englischen Texte in so einem „Baumschulenglisch“ – entschuldigt das Wort. Das konnte sich keiner anhören. Aber es war die Zeit und es gehört dazu. Also würde ich jetzt nicht sagen, dass es einem von uns peinlich ist.

Torsten: Wir spielen ja immer noch eine Menge Songs von der ersten Platte auf den Konzerten. „Unminded“, „Different Ways“ oder „Me Against The World“ sind immer dabei. Am Anfang war ich zwar noch Fan und nicht Teil der Band – aber dass wir von den Demo-Tapes nichts mehr spielen, finde ich schade.

Peter: Jetzt wo du es sagst, könnten wir das doch mal wieder in die Neuzeit holen und ein Crossover machen.

Bernd: Um nochmal auf die Frage zurückzukommen: So richtig peinlich ist uns das alles nicht. Denn was uns richtig peinlich ist oder was wir nicht mehr hören können, das spielen wir auch nicht. Wir spielen das, was uns Spaß macht. Es gibt natürlich immer ein paar Songs, die wir spielen sollten auf einem Konzert. Das sehe ich ein. Aber selbst die gehen mir nicht auf den Sack.

Auf dem Festival „Rock am Ring“ haben die Beatsteaks bereits mehrmals auf der Hauptbühne gespielt –hier zum Beispiel 2017. Archivfoto: dpa/Thomas Frey

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Im Podcast “Hotel Matze” hat euer Sänger Arnim, der nicht beim Interview dabei ist, von einer Krise erzählt. Er fühlte sich nicht mehr wohl auf der Bühne. Wie hat sich das auf die Banddynamik übertragen?

Peter: Wir mussten uns zusammenraufen. Ich glaube, das ist normal, wenn man so lange als Band zusammen ist – das ist wie eine Beziehung. Und wenn die nicht ins Leere laufen soll, muss man dran arbeiten.

Torsten: Wenn man älter wird, kommen ein paar Dinge dazu. Wir sind jetzt in einem Alter, in dem Sachen schwerer wiegen und sich ein Glücksgefühl nicht immer gleich einstellt. Es passieren Sachen, die im Alter mehr mit einem machen als noch vor 20 Jahren: Dann verliert irgendjemand einen Elternteil oder beide – und man weiß nicht, wie man damit umgehen soll. Sowas hat dann jeder für sich selbst geregelt und nicht immer vor allen ausgebreitet. Das mussten wir nachholen. Das war vermutlich der Grund, uns endlich mal auszusprechen. Da habe ich Dinge erfahren, die ich vorher noch gar nicht wusste über meine Kollegen. Wir haben gelernt, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, mit anderen Menschen auf einer Bühne zu stehen.

Die Therapie war für die Band ein Schlüsselmoment

Ihr hattet dann eine Mediation. Wie muss ich mir das vorstellen, wenn so ein paar Punkrocker im Raum sitzen mit einer Therapeutin – wie läuft das ab?

Peter: Da sitzen ja keine Punkrocker im Raum, sondern Menschen. Das macht vermutlich schon einen Unterschied. Aber es ist auf jeden Fall nicht so schlimm, wie es sich anhört. Ich finde sogar, dass es mehr Mut erfordert, zur Mediation zu gehen, als es zu lassen. Wenn uns die Band und der Zusammenhalt nichts bedeuten würden, dann hätten wir es ja auch nicht gemacht. Aber wir haben alle direkt gesagt: Wir machen das. Das Ergebnis war total offen. Es hätte ja auch sein können, dass wir merken, wir passen nicht mehr zueinander. Die Angst, sich weiter voneinander zu entfernen, war auch da. Aber ich empfand das als sehr schön. Das Beste war, dass es im Vordergrund stand, dem anderen zuzuhören.

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Was macht ihr jetzt, um nicht wieder in so eine Krise zu kommen? Was hat sich in eurem Umgang geändert?

Torsten: Wir haben schon gelernt, mit diesen Emotionen, die man in einer Beziehung hat, erwachsen umzugehen und Konflikte so unemotional wie möglich zu klären. Es ist ja schon schwer, sowas in einer normalen Beziehung zu lösen – das macht es als Band nicht einfacher. Es kommt trotzdem vor, dass man sich mal ankeift. Jetzt haben wir aber das Bewusstsein, sowas zu merken und uns zu entschuldigen. Das ist schon ein anderer Umgang, den wir jetzt pflegen. Wir haben auf jeden Fall etwas mitgenommen.

Peter: Man merkt schon, dass sich was verändert hat. Man wird aber auch kein neuer Mensch, nur weil man zweimal zu einer Sitzung geht. Das ganze Leben davor hat ja auch Spuren hinterlassen und das sind Sachen, die sich so einschleichen. Bestimmte Mechanismen werden immer so bleiben. Man sieht sich oft nur selbst und dann kommen die Egos in die Quere – und dann nimmt man Sachen zu persönlich. Es gelingt mir jetzt schon besser, im Alltag kurz einen Schritt zurückzugehen und zu fragen: Hat er das jetzt wirklich so gemeint oder verstehe ich das nur so?

Der Frust sammelte sich an

Meint ihr, ihr hättet schon früher irgendwie erkennen können, dass sich da etwas anbahnt? Also, dass sich das Verhalten von Sänger Arnim in gewisser Weise verändert hat?

Torsten: Klar, wir hätten früher aufeinander hören müssen. Dann wären vielleicht ein paar Sachen anders. Das können wir jetzt nicht mehr ändern.

Peter: Es war auch oft einfach keine Zeit. Es stand irgendwie immer der nächste Auftritt vor der Tür oder irgendwas. Da hat man sich schon überlegt, ob man das Fass jetzt aufmachen will oder nicht. Da hat man eher mal runtergeschluckt und gedacht: „So wichtig ist es nicht“. Man kann das ja auch einfach gut abbauen: Die ganzen schönen Erlebnisse als Band lassen einen das schnell mal vergessen. Aber trotzdem sammelt sich immer ein Millimeter Frust mehr an.

Nächstes Jahr ist euer 30-jähriges Jubiläum. Denkt ihr schon daran, aufzuhören?

Peter: Ja, man denkt mal dran, wie es dann ist, aber kann es sich nicht vorstellen und macht deswegen weiter. Das ist mir zu weit weg in der Zukunft. Es kommt sowieso irgendetwas dazwischen, was ich nicht auf dem Zettel hatte. Ich habe es mir abgewöhnt, zu weit nach vorne zu gucken. Hoffentlich bleiben wir alle lange gesund und können das noch so lange wie möglich machen.

Torsten: Ich glaube auch. Gerade fühlt es sich so an: Nur, wenn jemand von uns stirbt oder schwer krank ist, gibt es die Band nicht mehr. Der Grund wäre aber auf jeden Fall nicht: „Ich will nicht mehr.“

Bernd: Wenn man im ersten Drittel seines Lebens ist, denkt man nicht darüber nach, wie sich der Altersunterschied in der Band auswirkt. Aber je älter man wird, desto mehr realisiert man, dass auch vier Jahre schon einen Unterschied machen. Ich denke schon darüber nach: Möchte ich mit 60 noch auf einer Bühne stehen? Das ist in vier Jahren. Ich kann die Frage nicht abschließend beantworten. Aber irgendwann wird der Punkt kommen, wo man sagt, ich möchte die letzten 15 Jahre noch in Ruhe verbringen und mich irgendwo hinsetzen und Bücher lesen.

Peter: Das denkst du echt? Bei mir sind es noch ein paar Jahre mehr, aber es gibt doch niemanden, der dann sagt: „So, jetzt hast du noch zehn Jahre zum Bücherlesen.“

Torsten: Das ist ja jetzt auch noch ein bisschen hin. Ansonsten nehmen wir dich, Bernd, einfach weiterhin mit und du liest auf der Bühne.

Gitarrist Peter Baumann ist seit Gründung der Band Teil der Beatsteaks. Archivfoto: imago images/Christian Grube

Beatsteaks im Interview: Über Band-Krise und 30 Jahre Jubiläum | NOZ (9)

Beatsteaks im Interview: Über Band-Krise und 30 Jahre Jubiläum | NOZ (10)

Ihr habt ja im Juni eine Tour durch Ostdeutschland gemacht, auf der ihr ausschließlich in Autonomen Jugendzentren (AJZ) gespielt habt. Wie ist es dazu gekommen? Und warum gerade die Jugendzentren im Osten?

Bernd: Die bekommen am wenigsten Support und stehen immer unter Beschuss. In den 90ern war es gang und gäbe, dass die AJZs überfallen wurden. Und wenn Bands gespielt haben, ging es da immer rund. Es wurde immer versucht, den Leuten Steine in den Weg zu legen. Das ist aber ein wichtiges Kulturgut. Da geht die Jugend hin, weil sie sonst keine Alternativen hat. Mittlerweile gibt es genug Alternativen: den AfD-Stand mit der Bratwurst. Dann gehen die Jugendlichen halt lieber dahin. Da müssen wir was tun, damit das nicht so bleibt, und gegensteuern – damit die AJZs weiterhin bestehen. Günstigerweise sind auch bald Landtagswahlen und damit haben wir einen Grund mehr, tätig zu werden.

Autonome Jugendzentren als wichtiger Teil der Kultur

Was erhofft ihr euch denn dadurch?

Torsten: Wir sind ja Realisten und wissen, dass wir nicht die politische Landschaft ändern können. Wir wollen erstmal den Leuten, die diese Läden betreiben und den Jugendlichen vor Ort sagen, dass es toll ist, was sie da machen. Es ist wichtig für Jugendliche, einen Jugendclub in der Nähe zu haben, der funktioniert. Ich glaube, dass es in einigen Städten, wie Bautzen, Görlitz oder Cottbus auch gewisse Vorurteile gibt. Da gehen die Leute vielleicht nicht in ein AJZ, weil sie denken, da sind nur „Zecken“. Wir wollen denen zeigen, dass es ein ganz normaler Laden ist – für alle. Da kann jeder hingehen und eine gute Zeit haben. Es gibt viele Angebote: Du kannst Graffiti machen, Theater spielen oder eben auf ein Konzert gehen. So eine alternative Jugendkultur ist sehr wichtig. Ob wir das Gros der Menschen davon abhalten, ihr Kreuz bei dieser und jener Partei zu machen? Das glaube ich, ehrlich gesagt, nicht. In erster Linie wollen wir Konzerte spielen.

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Muss eine Punk-Rock Band politisch sein?

Bernd: Nein, muss sie nicht. Die Frage ist, was ist Politik? Wo hört sie auf? Für mich ist es auch hochpolitisch, wenn man sich zutraut, den Menschen zwei Stunden lang eine gute Zeit zu bieten, weil sonst im Leben gar nicht so viel gut läuft. Dann ist das auch irgendeine Art von Politik – und für mich die viel bessere Art von Politik, als die, die gerade passiert. Insofern sind wir schon politisch.

Torsten: Im Optimalfall sollte jeder Mensch eine Meinung haben zu dem, was hier in dem Land passiert oder auf der Welt. Das kann man ja alles gar nicht ignorieren. Im Optimalfall ist jeder in der Lage, einen Standpunkt zu haben und ihn zu äußern. Also ist jeder Mensch politisch. Wenn fünf Bandmitglieder eine Meinung haben, dann hat auch die Band eine Meinung. Obwohl es natürlich bei uns nicht draußen dran steht.

Peter: Es steht aber auch nicht nicht dran!

Torsten: Genau. Dazu fällt mir ein: Uns hat mal jemand gesagt, dass die Kommentarspalte unter unserem Instagram-Beitrag zur Ankündigung der AJZ-Tour durchweg positiv ist – da war kein einziger negativer Kommentar zu sehen. Wir haben da nichts für getan. Aber wir haben uns über die Jahre hinweg schon positioniert, nur eben nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Das wird trotzdem wahrgenommen. Man steht dann für wichtige Dinge wie Solidarität und Menschlichkeit. Das ist heutzutage „leider“ schon hochpolitisch. So traurig das auch klingt.

Auf der Bühne zuhause: Bassist Torsten Scholz. Foto: imago images/Funke Foto Services

Beatsteaks im Interview: Über Band-Krise und 30 Jahre Jubiläum | NOZ (13)

Beatsteaks im Interview: Über Band-Krise und 30 Jahre Jubiläum | NOZ (14)

Wenn eure Kommentarspalten immer so positiv gefüllt sind, habt ihr dann nicht das Gefühl, dass ihr immer nur die gleichen Leute erreicht und niemanden außerhalb eurer Filterblase?

Bernd: Das kann durchaus sein. Aber, dass man nichts erreichen kann –diese Art von Pessimismus liegt uns nicht. Also wir wissen schon, dass man schon noch hier und da was erreichen kann. Und das ist ja genau der Punkt. Gebt den Leuten zwei Stunden lang eine gute Zeit. Das eröffnet ihnen vielleicht einen weiteren Horizont als die kleine Filterblase, in der sie sich normalerweise bewegen. Und schon allein das ist ja ein Erfolg.

Torsten: Wir sind ja auch nicht losgezogen, um andere Leute davon zu überzeugen, in unsere Filterblase zu kommen, weil das die geilere Bubble ist. Wir werden auch niemals auf einer AfD-Demo spielen, weil wir die Leute sowieso nicht überzeugen können.

Peter: Aber das wäre genau der Punkt: Wir müssten dort spielen, wo die rechten Kräfte stärker sind. Eigentlich wäre es normal, dort zu spielen. Deswegen spielen wir in den AJZ. Es ist uns egal, welche Parteien dort am stärksten sind. Es interessiert uns auch nicht, wie viel Geld bei dem Auftritt herumkommt. Meiner Meinung nach treten wir genau heraus aus unserer Filterblase. Wir stellen uns der Realität der Leute dort. Das ist eine bewusste Entscheidung.

Das neunte Album der Beatsteaks trägt den Titel „Please“und ist ab sofort überall erhältlich. „Please“ kann auf allen gängigen Streaming-Plattformen gehört werden. Die CD zum Album ist ab 15,50 Euro und die Vinyl-LP ab 23 Euro im Online-Shop der Beatsteaks zu erhalten.

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